15. April 2020

10 Fragen an den Formex CEO Raphael Granito – Das Interview

In diesem Artikel meines Blogs möchte ich Euch gerne meine neue Kategorie „10 Fragen an“ vorstellen. Dabei werden 10 immer identische Fragen an verschiedene Gesprächspartner aus der Uhrenindustrie gestellt. Mein erster Gesprächspartner ist der Formex CEO Raphael Granito. Bereits vor einiger Zeit hatte ich die Möglichkeit, Raphael in Biel in den Räumlichkeiten von Formex zu treffen. Das entsprechende Video kam Ende des letztens Jahres auf meinem Youtubekanal heraus. Nun hat Raphael sich die Zeit genommen, mein erster Interviewpartner hier auf dem Blog zu sein, vielen Dank dafür! Euch wünsche ich ganz viel Spaß beim Lesen und gute Unterhaltung.

1. Wie bist Du in die Uhrenwelt hineingerutscht?

Da bin ich sozusagen hineingeboren. Mein Vater ist mit 14 Jahren aus Italien in die Schweiz gekommen und hat seine Karriere in der Uhrenindustrie gestartet. Er hat bei diversen Marken in der Produktentwicklung gearbeitet und dann schlussendlich seine eigene Firma, Dexel SA, gegründet. Dexel hat sich in den letzten 35 Jahren als renommierter Produktentwickler und Zulieferer verschiedenster Uhrenmarken etabliert. Ich durfte schon als kleiner Junge während der Schulferien Uhrenluft im Betrieb schnuppern und habe dann später, zwischen verschiedenen beruflichen und akademischen Etappen, immer wieder dort gearbeitet. Nach meinem Studium in International Management bin ich zu Dexel zurückgekehrt und habe dort in der Produktentwicklung gearbeitet, bis sich nach 4 Jahren die Gelegenheit mit Formex bot.

2. Wie lange befasst Du Dich bereits privat mit Uhren und wie lange geschäftlich?

Ich war schon als kleiner Junge von Uhren fasziniert und hatte eben auch schon einen frühen Einblick in die Entwicklung und Produktion von Uhrenkomponenten. Bewusst damit befasst habe ich mich zum ersten Mal mit 7 Jahren. Man kann also sagen, dass ich mich seit 25 Jahren mehr oder weniger intensiv damit befasse.

3. Welche Uhr war die erste, die Du Dir gekauft/die Du bekommen hast?

Das war eine sehr bunte Swatch Flik Flak mit ungefähr 6 Jahren.

 Modell „Lucky 8-2“ von Alexander Shorokhoff

Der Formex CEO Raphael Granito

4. Was macht Deiner Meinung nach die perfekte Uhr aus?

Ich denke das ist sehr persönlich. Für mich ist es eine Mischung aus ansprechendem Design, das mir auch nach einer unbestimmten Zeit noch jedes Mal gefällt, wenn ich auf mein Handgelenk blicke, einer gewissen Alltagstauglichkeit und Komfort und einem Gefühl von Hochwertigkeit. Die perfekte Uhr muss für mich in der Konzeption gut durchdacht sein, aber gleichzeitig auch Emotionen auslösen. Da ich meine Uhr immer auf die Sekunde genau nach der Atomuhr einstelle, ist natürlich die Ganggenauigkeit auch ein wichtiger Faktor für mich.

5. Welches Uhrenmodell, gerne aus der eigenen Produktpalette, magst Du warum am meisten?

Zurzeit trage ich fast ausschliesslich die Essence Leggera mit dem Forged Carbon Zifferblatt. Auch wenn ich eigentlich gerne ein gewisses Gewicht am Handgelenk spüre, ist sie durch ihre ultra leichte Konstruktion die komfortabelste Uhr die ich je am Handgelenk hatte. Gleichzeitig löst sie aber auch das Gefühl von unglaublicher Wertigkeit aus. Diese Uhr mit COSC Zertifizierung zu einem solchen Preis anbieten zu können bereitet mir unglaublich viel Freude und das Feedback der Kunden war bisher überwältigend.

6. Lieber Uhren mit Automatikwerk, Quarzwerk, oder mit Handaufzug?

Allgemein mag ich natürlich lieber mechanische Werke. Ob ich Automatik oder Handaufzug bevorzuge, kommt sehr auf das Modell an. Bei skelettierten Werken z.B. finde ich einen Handaufzug sinnvoller, damit die Schwungmasse den Blick auf das Werk nicht beeinträchtigt. Ein Mikro-Rotor auf einem skelettiertem Werk hingegen ist schon wieder ganz etwas anderes und gefällt mir der (sinnvollen) Komplexität wegen noch besser. Bei einem Handaufzug hingegen, erachte ich bei modernen Uhren eine Anzeige der Gangreserve als obligatorisch.

Fachbuch
Vom Profi lernen

Bald erwartet Euch an dieser Stelle mein eigenes Fachbuch rund um den Uhrenkosmos. Egal ob Ihr neu im Hobby oder bereits länger den Uhren verfallen seid, Ihr könnt gespannt bleiben!

Modell „Sang Bleu“ von Hublot

Die Formex Essence Leggera mit Forged Carbon Zifferblatt

7. Findest Du größere oder kleinere Uhren besser?

Das kommt sehr auf das Modell an und wie gut die Größe mit dem jeweiligen Design funktioniert. Da kommt bei mir als entscheidender Faktor wieder Komfort ins Spiel und wie gut die Größe der Uhr zum Design passt. Mich stört es nicht größere Uhren zu tragen, wenn sie gut passen.

8. Wenn Du morgen auf eine einsame Insel reisen müsstest, welche drei Gegenstände würdest Du mitnehmen? Wäre eine Uhr dabei und falls ja, welche?

Hm, drei sind ganz schön knapp zum Überleben. Vermutlich würde ich meine Harpune zum Speerfischen, eine Taucherbrille und unser nächstes Modell, das in Kürze präsentiert wird, mitnehmen. Allerdings kann ich dazu noch nichts sagen, da es noch streng geheim ist.

9. Welchen Tipp würdest Du aus Deiner Perspektive kleineren Brands oder Händlern geben, welche den Mut gefasst haben, sich in der Uhrenindustrie zu verwirklichen?

Das Wichtigste ist es meiner Meinung nach, eine klare Linie und ein eigenständiges Design zu entwickeln. Genügend finanzieller Atem und eine „learn start up“ – Mentalität ist natürlich auch von Vorteil. Mit einem guten Konzept und einer klugen Strategie, kann man heutzutage aber auch ohne große finanzielle Reserven über Crowdfunding in ein solches Abenteuer starten. Der Vorteil daran ist, dass man gleich von Anfang an sehen kann, ob das Konzept gut angenommen wird und somit auch Potenzial hat. Man kann sozusagen eine Marktstudie und einen Launch gleich kombinieren. Wenn das Konzept gut ankommt und die Vorbestellungen da sind, ist es wichtig bei der Produktion keine Abkürzungen zu nehmen. Wenn die Qualität nicht stimmt, dauert es nicht lange bis man die Marke noch vor dem Aufbau zerstört hat. Also, Qualität sollte ganz oben auf der Liste stehen.

10. Welches Material findest Du für Armbanduhren am spannendsten?

Alles was neuartig und originell, aber auch sinnvoll für den Bau von Uhren ist, interessiert mich. Man sieht an der Leggera-Kollektion, dass es uns Spaß macht mit high-tech Materialien zu spielen, diese aber auch sinnvoll in einem ausgewogenen Zusammenspiel von Funktionalität und Design zu vereinen. Wie du vermutlich bereits gemerkt hast, kommt das Wort „sinnvoll“ bei meinen Antworten oft vor. Es mag sein das Luxus nicht oft damit in Verbindung gebracht wird, aber ich finde, dass Attribute wie Komfort und Funktionalität bei einem Uhrenkauf dazugehören sollten. Das hat der Kunde meiner Ansicht nach einfach verdient, wenn er sich entscheidet sein Geld für ein bestimmtes Modell auszugeben.

Allerdings ist auch Stahl ein Material, das mir nach wie vor sehr Spaß macht. Es stellt auch nach wie vor eine Herausforderung in der Herstellung dar, dieses schon seit Jahrzehnten verwendete Material kunstvoll, hochwertig und originell zu verarbeiten. Ich denke es hat seine berechtigten Gründe weshalb Sportuhren aus Stahl heute beliebter sind denn je.

Lieber Raphael, tausend Dank dafür, dass Du Dir die Zeit zum Beantworten meiner Fragen genommen hast. Du hast das letzte Wort:

Ich wünsche dir und deinen Lesern in dieser seltsamen Zeit alles Gute, viel Mut und Anpassungsfähigkeit. Bleibt alle positiv und wir werden das alle überstehen. Ich möchte mich auch bei dir bedanken, weil du uns als kleine unabhängige Uhrenmarke stets eine Plattform bietest. Es ist wichtig für uns über Experten wie dich zu den Uhrenliebhabern zu gelangen, da wir unsere Uhren ja fast ausschließlich direkt an den Endkunden verkaufen. Ein großes Dankeschön also an dich für deine Arbeit und an deine Leser, die bis hierhin mitgelesen haben 🙂

 

Macht es gut, bis nächste Woche 🙂

Euer Florian

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